Fundtiere reisen künftig nach Brandenburg


von Tageblatt-Redaktion

Ines Kossack bewirtschaftet zusammen mit ihrem Mann das Tierheim Graustein. Die Mischlingshündin ist das erste Tier, das nach der Schließung des Hoyerswerdaer Tierheims von der Stadt Hoyerswerda hierher gebracht wurde.
Ines Kossack bewirtschaftet zusammen mit ihrem Mann das Tierheim Graustein. Die Mischlingshündin ist das erste Tier, das nach der Schließung des Hoyerswerdaer Tierheims von der Stadt Hoyerswerda hierher gebracht wurde.

Man kann von den hier in der Region sitzen gelassenen Hunden, von ausgesetzten Kätzchen nicht erwarten, dass sie sich in ihrer Notlage ein Beispiel am englischen Kater Casper aus der südenglischen Stadt Plymouth nehmen. Der hatte sich von der Leine seines Frauchens losgerissen, an einer Bushaltestelle artig in die Reihe der Wartenden eingereiht, war in den Bus gesprungen und nach knapp zehn Meilen an der Haltestelle ausgestiegen, in deren Nähe sich ein Tierheim befand.

Ein Mischlingshund aus Hoyerswerda hätte das in der vergangenen Woche, selbst wenn er das gewollt hätte, gar nicht gekonnt. Verlassen stand die zweijährige Hündin auf dem Parkplatz am Gondelteich. Angebunden und offensichtlich herrenlos. Also hatte die Berufsfeuerwehr den schwarz-grauen Vierbeiner abgeholt und am nächsten Tag in einem Tierheim im Spremberger Ortsteil Graustein abgeliefert. Eine Premiere. Denn seit Anfang August ist die Berufsfeuerwehr nicht nur für das Einfangen herrenloser Tiere zuständig, sondern auch für deren Transport ins Tierheim. Weil in der Stadt eine adäquate Einrichtung fehlt – Cornelia Schreiber hatte ihr im Tausend-Mann-Lager gelegenes Heim nach acht Jahren aus finanziellen Gründen Ende Juli geschlossen. Hoyerswerdaer Fundtiere werden nun vorübergehend in dem 500 Einwohner zählenden Spremberger Ortsteil abgegeben.

„Die Schließung von Schreibers kam für uns überraschend“, erzählt Ines Kossack, Leiterin des Grausteiner Tierheims. Die 39-Jährige betreibt es gemeinsam mit ihrem 73-jährigen Mann Hermann. Man beteiligt sich zwar an der Ausschreibung der Stadt Hoyerswerda, die ja nun wieder ein Tierheim braucht. Das Ehepaar betont aber, dass man nicht unbedingt darauf aus sei, künftig ständig Tiere aus der Hoyerswerdaer Region aufzunehmen. Schließlich haben „wir schon genug zu tun“, erklärt der frühere Rinderzüchter.

Herrenlose Tiere aus Döbern, Welzow und Spremberg finden bei ihnen seit etlichen Jahren ein vorübergehendes Zuhause. Untergebracht sind dort auch Pensionstiere. „Anders ist ein Tierheim nicht zu finanzieren“, meint Hermann Kossack, der elf Jahre lang, von 1979 bis 1990 einen Ponyreitkutschbetrieb hatte.

Sechs Monate müssten sie die herrenlosen Tiere behalten. „Von Amtswegen sind das Fundsachen“, so der 73-Jährige. Vor Ablauf dieser Zeit dürfe man die eigentlich nicht weitergeben. Doch weil es von der Kommune nur für 28 Tage Geld pro Tier gibt, für einen Hund fünf, für eine Katze drei Euro, versuchen die beiden dennoch, Vierbeiner zeitiger abzugeben. Das gelingt häufig auch.

 Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in Graustein beträgt bei Hunden knapp vier Monate. Meldet sich der ursprüngliche Eigentümer und will seinen Hund zurück, müsse er alle entstandenen Kosten tragen. Hermann Kossack: „Das macht jedoch fast keiner.“ Einer der Gründe, warum die Hunde so schnell einen neuen Besitzer finden, ist, dass „wir sie hier noch einmal ausbilden“, so Tierheimleiterin Ines Kossack. Gut erzogene Hunde, so die 39-Jährige, finden einfach schneller einen neuen Besitzer.

Dreißig Hunde, zwanzig Katzen, einige Sittiche, Frettchen und anderes Kleingetier betreuen Kossacks gegenwärtig. Zum Tierheim gehören auch vier Hektar Weideland. Für die Pensionspferde. Das Ehepaar Kossack kümmert sich alleine um die Tiere auf dem kleinen Gehöft, auf dem sie auch wohnen. Was oft dazu führt, dass sich die Polizei, zumeist an den Wochenenden, bei ihnen meldet. „Wenn Tiere in Unfälle verwickelt sind oder auf der Straße herumstreunen, wissen die, dass hier immer jemand ist“, so Ines Kossack. In den zurückliegenden zwanzig Jahren, so lange gibt es das Tierheim in Graustein, haben die beiden eine Menge Leid gesehen.

Menschenhasser sind die beiden zwar nicht geworden, aber „was der Mensch Tieren antun kann, ist oft gar nicht zu beschreiben“, meint die 39-Jährige. Erschreckend sei vor allem, wie gefühllos „die heutige Computergeneration“ gegenüber Kreaturen sein könne. „Da bekommen Kinder von ihren Eltern eine Katze oder einen kleinen Hund“, schildert sie. Gäben die aber mal einen Laut von sich, werde das Tier in vielen Fällen sofort wieder zurückgegeben, klagt sie.

Kossacks haben aus solchen Situationen gelernt. Wer bei ihnen ein Tier haben möchte, bekommt dieses erst einmal zur Probe. Längstens eine Woche. „Dann weiß man, ob man zueinander passt.“ Oder auch nicht.
Die Tierheimleiterin hofft nun darauf, dass der von der Feuerwehr abgegebene Hund bald ein neues Zuhause findet. Vielleicht ja wieder in Hoyerswerda.
Kontakt: Tierheim u. Tierpension Kossack, Graustein, G 03563 59735



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