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Nach dem K.-o.-Schlag Patienten Hoffnung machen

Dr. med. Elke Wierick ist mit Leib und Seele gynäkologische Onkologin. Und das nicht nur in ihrer Praxis in Weißkollm. Ihre Kompetenz ist im Lausitzer Seenland Klinikum ebenso gefragt wie im Bundesverband ihrer Fachkollegen.


von Juliane Mietzsch

Fotos: Gernot Menzel

Mediziner des Lausitzer Seenland Klinikums Hoyerswerda behandeln gemeinsam mit Dr. med. Elke Wierick seit vielen Jahren im Gynäkologisch-Onkologischen Tumorboard Krebsfälle in der Frauenheilkunde. Dies erfolgt nach wissenschaftlich vorgegebenen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft für Gynäkologische Onkologie (AGO). Jede Woche findet das frauenärztliche Tumorboard statt.

Durch den Weggang des Chefarztes kam es zum Jahreswechsel zur personellen Dezimierung in der Frauenklinik. Der Erhalt dieses Tumorboards und damit des Zentrums für diese speziellen Tumortherapien in Hoyerswerda liegt Frau Dr. Wierick besonders am Herzen. Deshalb arbeitet sie auch mit dem neuen Chefarzt der Frauenklinik, MUDr. Radovan Korkos, und seinem Team, in der Behandlung von Krebserkrankungen bei Frauen und Brustkrebserkrankungen bei Männern eng zusammen. Bei der derzeit angespannten personellen Situation im Klinikum wie auch in ihrer Praxis ist das nicht leicht. Sie schickt ihre Patientinnen und alle neu aufgetretenen Krebsfälle zur Diagnostik ins Lausitzer Seenland Klinikum. Im Tumorboard wird gemeinsam die Behandlungsstrategie festgelegt. Die notwendige Chemotherapie, Immuntherapie, zielgerichtete Behandlung oder auch in manchen Fällen nur die Nachsorge übernimmt dann die erfahrene Frauenärztin in Weißkollm.

Von einem Kongress in Frankfurt/Main kam sie soeben zurück. Der Austausch mit onkologischen Kollegen, auch anderer Fachbereiche, ist der Gynäkologin, Onkologin und Palliativmedizinerin sehr wichtig. „Besonders, weil es so viele neue Medikamente gibt, die passgenau angewendet werden müssen“, sagt sie. Zudem könne man, da man sich über Jahre kennt, auf den Veranstaltungen auch spezielle Fälle besprechen. Viele Jahre besuchte sie den größten Krebskongress der Welt in den USA und ist daneben deutschlandweit mit der Aus- und Weiterbildung von medizinischem Personal zu onkologisch zertifizierten Mitarbeitern befasst.

Die Ärztin ist gewissermaßen ein Weißkollmer Urgestein. Sie studierte in Greifswald, begann 1978 im damaligen Bezirkskrankenhaus Hoyerswerda ihre Facharztausbildung. Da fehlten gerade Mitarbeiter in der Frauenklinik, weshalb sie dort ihre Ausbildung starten musste. Dabei wollte sie eigentlich Chirurgin werden. Doch bereut hat sie das Umschwenken nie. „Bis heute ist es das schönste Fachgebiet, das ich kenne“, sagt sie.

Mit dem Herzen hängt Dr. med. Elke Wierick an der Onkologie. Sie führt die einzige ambulante gynäkologisch-onkologische Schwerpunkt-Praxis im Großraum Hoyerswerda. „Die Diagnose Krebs ist für die Betroffenen, als ob sie k.o. geschlagen werden. Ich möchte so viel wie möglich Hoffnung und Zuversicht geben“, erklärt sie. Zumeist betreffe es Frauen, aber auch Männer bekommen Brustkrebs und sind in ihrer Behandlung.

Die Praxis befindet sich im ehemaligen Versorgungstrakt des leider zum größten Teil abgerissenen Schlosses in Weißkollm. Das Gebäude war einst Landambulatorium mit Sprechstunden von Allgemeinmedizinern und Zahnarzt. Zur Wende sei das Objekt ziemlich heruntergekommen gewesen. Sie hat es wieder hergerichtet und sich im April 1991 dort mit eigener Praxis niedergelassen. Es seien turbulente Zeiten gewesen, weil keiner so recht wusste, wie es weitergeht. Als Erstes habe sie ambulant gynäkologisch operiert, in einem kleinen OP-Saal im ausgebauten Tiefparterre der Praxis. Dort stehen auch sieben Betten für Chemotherapie. In der eigentlichen Praxis im Hochparterre befinden sich weitere Behandlungsstühle.

Ihr Interesse für die Onkologie sei auf eine Patientin mit Eierstockkrebs zurückzuführen. „Wir haben den Bauch auf und wieder zugemacht, da war alles voller Krebs“, erinnert sich die Ärztin. Es habe in den 1980er Jahren an Therapiemöglichkeiten gefehlt, für eine solche, zu weit fortgeschrittene Erkrankung. Schon damals habe sie sich vorstellen können, in einer Reihe von Fällen mit Chemotherapie medikamentös zu behandeln und dann zu operieren.

Tausend Storys könne sie erzählen, meint sie schmunzelnd. Im Januar 1990 war sie zum ersten Mal zu einem Gynäkologentreffen im westdeutschen Gießen. Gynäkologische Onkologie ambulant gibt’s nicht, hieß es da. Für Dr. med. Elke Wierick war das Ansporn, sich weit über ihre eigene Praxis hinaus zu engagieren. Anfangs im Verein Frauenärztliche ambulante Krebstherapie (FAKT e.V.), dann in dem 2002 gegründeten Berufsverband Niedergelassener ambulant tätiger Gynäkologischer Onkologen in Deutschland (BNGO e.V.), in dessen Vorstand sie bis heute mitarbeitet.

Es gab Zeiten, da sei sie für Hausbesuchsdienste und zu Fortbildungen an 40 Wochenenden im Jahr unterwegs gewesen. Ohne die Unterstützung ihres Mannes, der die Familie managte, hätte sie all das gar nicht bewältigen können.

Längst könnte Dr. med. Elke Wierick im Ruhestand sein. Doch die Arbeit macht ihr noch immer Spaß. Zudem habe sie „ein hervorragendes Team“. Das treibt sie an. Nach einer Nachfolge suchte sie bisher allerdings vergeblich. „Niedergelassen heißt ja nicht, frei zu agieren, man ist als Arzt eher Angestellter der Krankenkassen“, spielt sie auf die ausgeuferte Bürokratie an, die den Ärzten das Leben schwermache. 2023 übergab sie ihre Praxis an das Doceins Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) Dresdner Land, in der Hoffnung im größeren Rahmen einen Nachfolger zu finden.

Dr. med. Elke Wierick hat einen großen Traum: „Heute gibt es dauerhaft verabreichte Erhaltungstherapien in der Krebsbehandlung, nach der Initialtherapie. Ich stelle mir vor, dass man eines Tages die Masse der Patienten auch mit metastasiertem Krebs als chronische Krankheit langzeitlich begleiten kann.“ Es sei ihr wichtig, den Patienten selbst im fortgeschrittenen Stadium die Lebensqualität lange zu erhalten. Sei es auch nur, damit jemand in den Urlaub fahren oder seinen Garten genießen kann. Auch sie selber entspannt am liebsten im Garten.



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