AHOY!
Das einstige Urlaubsparadies ruht
Das Schloss und Stadtmuseum Hoyerswerda widmet die kommende Sonderausstellung dem Knappensee. Seine wechselvolle Geschichte bietet genug Ansatzpunkte für einen nostalgischen, aber auch aufklärerischen Blick.

Es muss eine wahre Idylle gewesen sein – dieses kleine Urlaubsparadies vor den Toren der Stadt. Teils überbevölkert muss es am Knappensee gewesen sein, so groß war die Anziehungskraft. Heute herrscht dort eine andere Atmosphäre. Doch der Charme ist nicht verloren und lebt in vielen Köpfen weiter.
Wer heute am Knappensee ist, spürt vielleicht noch den Hauch der Vergangenheit. Dieses Gewässer erzählt von tiefgreifenden Umbrüchen, von verschwundenen Orten und vom prallen Leben. Die ab 6. Juli im Schloss und Stadtmuseum Hoyerswerda zu sehende Ausstellung lädt dazu ein, die facettenreiche Geschichte dieses Ortes zu entdecken – von seinen industriellen Wurzeln bis hin zu seiner Bedeutung als Erholungsgebiet, Erinnerungsort, Naturraum und bergtechnisches Sanierungsgebiet.

Als vergangenes Jahr durch das Sächsische Oberbergamt angekündigt wurde, dass der Knappensee bis 2030 gesperrt bleibt, war das für Museumsleiterin Kerstin Noack der entscheidende Impuls. Das gab den Ausschlag, eine Ausstellung auf den Weg zu bringen. Daher heißt es bald: „In Erinnerungen baden“.
Der Knappensee, ab 1945 durch die unkontrollierte Flutung des Tagebaus Werminghoff I entstanden, entwickelte sich über viele Jahrzehnte zum Badeparadies. Die Gäste kamen nicht nur zum Schwimmen – auch Camping und Wassersport spielten eine große Rolle. Die umliegenden großen Wälder und Heidelandschaften machten ihn, einen der ältesten künstlichen Seen im Lausitzer Seenland, zu einem beliebten Naherholungsziel. Der Name „kleine Ostsee“ prägte Generationen und das Bild des Sommers vor der Haustür.

Seit 2014 ist der See gesperrt – bergtechnische Sanierungsarbeiten. Eine Rutschung im März 2021 verlängerte die Sperrung erneut. Zunächst war eine Freigabe für 2022 vorgesehen, später wurde 2028 in Aussicht gestellt … Die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV) ist für die Arbeiten zuständig. Für viele ist der Knappensee mehr als ein Gewässer – er ist Hoyerswerdas „Badewanne“ oder auch „Haussee“, ein emotional besetzter Ort.
Das weiß auch die LMBV: „Wichtig ist für uns, dass wir den Hoyerswerdaern die aktuellen Sanierungsmaßnahmen erklären“, sagt Sprecherin Kathleen Hofmann-Mitzschke. Es handle sich um eine Maßnahme der Gefahrenabwehr – ein Aspekt, der oft übersehen und unterschätzt werde. Dennoch ist das Interesse an den zweijährlichen Baustellentagen stets groß.

Auch Kerstin Noack möchte mit der Ausstellung Missverständnisse ausräumen und die Übergangszeit greifbar machen. Die „transparente Darstellung der Ursachen und Hintergründe sowie der notwendigen Arbeiten ist für das Verständnis der betroffenen Menschen von größter Wichtigkeit“, ergänzt LMBV-Pressesprecher Dr. Uwe Steinhuber.
Deshalb wurde die LMBV in die Vorbereitung der Ausstellung eingebunden. Diese Perspektive gehört für Noack ebenso zur Geschichte wie persönliche Erinnerungen. Und so folgten auch zahlreiche Privatpersonen dem Aufruf des Museums, sich mit Erinnerungsstücken zu beteiligen. Neben Dokumenten und Fotos kamen Objekte zusammen, die den Zeitgeist anschaulich vermitteln. Verschiedene Exponate hat das Museumsteam zusammengetragen: Wimpel, Briketts, Tassen, Magazine – viele mit typischer Knappensee-Aufschrift.

Zwei umfangreiche Privatsammlungen sind ein weiterer Fund: Lehrer Günter Rösch und seine Frau Anneliese aus Knappenrode haben der Energiefabrik Knappenrode eine 60-seitige Dokumentation überlassen, die digitalisiert werden konnte und nun in der Ausstellung zu sehen sein wird. Heimatchronist Uwe Donat aus Groß Särchen steuerte zahlreiche Objekte bei – frühes „Merchandising“, wie man heute sagen würde. Besonders charmant findet Kerstin Noack aus seiner Sammlung eine Zitronenpresse aus Porzellan, bestehend aus geriffeltem Aufsatz und töpfchenähnlicher Schale, zitronenartig glasiert.
Nicht vergessen werden darf das eigens erworbene Faltboot, das auf dem Dachboden des Schlosses auf seinen Einsatz wartete und inzwischen erfolgreich wieder zusammengebaut wurde. Das Team konnte dieses Kultobjekt – vermutlich aus den 1970er-Jahren – über eine Verkaufsplattform von einer Privatperson erwerben.

Die Sonderausstellung wird bewusst im Sommer gezeigt, um auch Touristinnen, Touristen und Feriengäste anzusprechen. Sie thematisiert exemplarisch die Entwicklungen im Lausitzer Seenland, das eben noch nicht überall zugänglich ist.
Derzeit laufen die letzten Vorbereitungen – etwa die Produktion der Ausstellungstafeln. Kerstin Noack bangte zwischenzeitlich, ob nicht doch eine reduzierte Variante nötig würde. Auch im Museum hinterlassen aktuell notwendige Sparmaßnahmen bereits Spuren.
Für Kathleen Hofmann-Mitzschke steht jedoch fest: Der Knappensee wird wieder ein Urlaubsparadies sein. „So wie an den anderen Bergbaufolgeseen im Lausitzer Revier wird wieder ein schöner und gut nutzbarer See entstehen“ – sobald die Sicherung abgeschlossen sein wird.
