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Das Wunderauto KITT kommt nach Schwarzkollm

Das derzeit entstehende Smart Mobility Lab wird ein Forschungscampus, der unter anderem helfen soll, autonomes Fahren aus der Science-Fiction in die Praxis zu überführen.


von Mirko Kolodziej

Fotos: Mirko Kolodziej

Erinnern Sie sich an KITT, dieses Wunderauto aus der Serie "Knight Rider", die in den 1980ern im Fernsehen lief? KITT konnte seine Umgebung scannen, Gefahren analysieren, mit seinem Fahrer Michael Knight sprechen, ihm Problemlösungen anbieten, und vor allem selbstständig fahren, beschleunigen, bremsen, lenken. KITT war ein vielseitiges Roboter-Auto mit einem Modul für Künstliche Intelligenz irgendwo im Fahrgestell.

Dieser Tage stellte das Konrad-Zuse-Forum, der Förderverein des Hoyerswerdaer Computermuseums Zcom, bei einer öffentlichen Veranstaltung die Frage, ob die Zukunft des Autos der fahrende Computer auf vier Rädern ist. Es klang nach KITT, und der Blick richtete sich nach Schwarzkollm. Das Interesse war groß, jedenfalls gab es mehr Gäste als üblicherweise bei den öffentlichen Computerstammtischen des Vereins. Zusätzliche Stühle wurden nötig.

Eingeladen war Professor Dr. Günther Prokop und er beantwortete die besagte Frage so: "Wir werden das entwickeln und damit umgehen dürfen; oder müssen - je nachdem." KITT kommt also; und er kommt nach Schwarzkollm. Professor Prokop ist sozusagen das Gesicht des Smart Mobility Lab, jenes Forschungcampus für autonomes Fahren und Fliegen, den die Technische Universität Dresden seit Jahresbeginn im Hoyerswerdaer Ortsteil errichten lässt.

Der Wissenschaftler ist Niederbayer, stammt aus Passau. Er hat an der Ludwig-Maximilians-Universität in München zunächst Maschinenbau studiert, schon seine Promotion drehte sich um Fragen der Robotik. Nach einem Auslandsjahr an der Uni im kalifornischen Berkeley - so hieß zufällig auch mal eine britische Automarke - heuerte er zunächst in der Entwicklung bei Audi, dann bei BMW an. Seit 2010 ist der 55-Jährige Inhaber des Lehrstuhls für Kraftfahrzeugtechnik an der TU Dresden.

Quelle: GOLDBECK Ost GmbH

Überdies ist Prokop auch noch Erfinder, hält mehrere Patente oder ist an solchen beteiligt. Das reicht von bestimmten Test-Reifen bis hin zu einem laut Patentschrift "Hochdynamischen selbstfahrenden Fahrsimulator", den er zusammen mit dem österreichischen Ingenieur Wolfgang Tischer entwickelt hat. Ein Modell dieses Dresden Driving Simulator (DDS) hatte der Wissenschaftler zu seinem Vortrag im Zcom mitgebracht.

In Lebensgröße soll er einmal im Schwarzkolmmer SML stationiert werden. Über den tatsächlich weltgrößten Simulator seiner Art heißt es, damit ließen sich Fahrdynamik- und Komfortuntersuchungen nachbilden, verkehrspsychologische Studien zum Fahrverhalten anfertigen, aber auch die Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen unterstützen sowie Mensch-Maschine-Interaktionen analysieren. KITT lässt also grüßen.

Man wird das SML weithin sehen, oder besser gesagt tut man es seit ein paar Tagen schon. Die Baufirma Goldbeck kommt voran; so sind jetzt die Träger für die hundert mal hundert Meter große und 40 Meter hohe Testhalle aufgerichtet worden. Zum Forschungszentrum gehören werden außerdem Labore, Werkstätten sowie Büro- und Konferenzräume. Der Lehrstuhl von Professor Prokop ist auch nicht der einzige, der auf dem Campus an der B 96 tätig werden wird.

Beteiligt sind zudem unter anderem die Professuren für Technologie und Logistik des Luftverkehrs, für Softwaretechnologie, für Prozessmodellierung vernetzter technischer Systeme, für Agrarsystemtechnik und für Mobilitätsplanung. Neben den Kindern und Enkeln von KITT geht es auch um Drohnen, also Flugzeuge ohne Piloten sowie um automatisierte Landwirtschaft mit autonomen Landmaschinen.

Dafür nötig ist jede Menge Messtechnik - und entsprechender Platz nicht nur in der großen Versuchs-Halle. Vor deren Toren wird sich ein Test-Oval erstrecken, das zumindest in der Breite Autobahnmaße haben soll. Professor Prokop ist der Mann, der all das immer und immer wieder öffentlich erklärt. Seit er Anfang 2023 erstmals im Stadtrat auftrat, hat er zahlreiche Gelegenheiten genutzt, in Hoyerswerda über das SML zu sprechen.

Quelle: GOLDBECK Ost GmbH

Der TU, sagt er dabei wieder und wieder, sei es wichtig, nicht "wie ein Ufo" in Schwarzkollm zu landen, sondern "Teil der Stadtgesellschaft zu werden". Dazu beitragen sollen nicht nur Termine wie jener beim Zuse-Forum. Es gibt unter anderem jetzt schon die Einladung an die Bevölkerung, im fertigen SML Proband zu werden, sich also quasi als eine Art Michael Knight an Simulationsreihen zu verschiedenen Verkehrssituationen zu beteiligen.

Das Ziel von Günther Prokop und seinen Leuten ist es, Daten aus der realen Verkehrswelt in die virtuelle Welt zu übetragen, einen Anforderungskatalog zu entwickeln, was KITT und Co. können müssen, damit automatisiertes Fahren auch sicher ist. Denn im Moment, sagt der Professor, wäre es nicht zu verantworten, solche Fahrzeuge im Regelbetrieb auf die Menschheit loszulassen.



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