von Miriam Krüger
Für Jens Wache ist der Ausflug in den Wald eine willkommene Abwechslung. Seit fünf Jahren ist der Oßlinger in den Lausitzer Werkstätten für behinderte Menschen in Hoyerswerda (WfbM) beschäftigt. Normalerweise schneidet er Kabel zu, die dann in Schaltschränken montiert werden. In den Wald kommt der 45-Jährige so gut wie nie. Umso mehr freut er sich über den Einsatz an der frischen Luft. Er und fünf weitere betreute Beschäftigte stecken Eicheln. In Zweierteams ziehen sie die Furchen entlang.
Jens Wache sticht mit dem Spaten drei bis vier Zentimeter tiefe, kleine Löcher in den Boden, Enrico Müller steckt jeweils eine Eichel rein. Das Loch wird verschlossen, die Erde darüber leicht festgetreten. Am Ende einer jeden Reihe, die sich in Schlängellinien durch den Wald windet, wird gewechselt. Die Arbeit ist für die Männer ungewohnt. Ob sie sich vor- oder rückwärts bewegen, bleibt ihnen selbst überlassen. „Besser vorwärts, damit man nicht stolpert“, empfiehlt der Revierförster.

Aus gutem Grund. Nicht jedem fällt es leicht, das Gleichgewicht zu halten. Am Tag zuvor hatte es geregnet, der Waldboden ist weich. Die Männer haben vorsichtshalber Regenjacken an. Doch als es aufklart, strahlen sie mit der Sonne um die Wette. „Man muss die Arbeit nehmen, wie sie ist“, meint Jens Wache. Enrico Müller findet es ein bisschen anstrengend. Der 54-Jährige ist seit vielen Jahren in den WfbM beschäftigt, nietet Schaltschränke. Dennoch hat auch der Dörgenhausener Spaß an der frischen Luft, zumal das Wetter passt, wie er selber sagt.
Diese Pflanzaktion ist das erste gemeinsame Vorhaben von Sachsenforst und den Lausitzer Werkstätten, allerdings nicht mit dem Bereich Garten- und Landschaftsbau. Für dessen betreute Beschäftigte gibt es draußen ohnehin reichlich zu tun. Und so rückte Gruppenleiter Heiko Petschick aus dem Schaltschrankbau mit einem Team aus Freiwilligen seines Bereiches an. Vor acht Jahren hatte der gelernte Industrieschlosser eine neue Herausforderung gesucht und bei den WfbM gefunden. „Ich staune immer wieder, was die Betreuten unter Anleitung leisten können, was sie schaffen, wenn sie die Arbeitsabläufe verinnerlicht haben“, sagt er.

Das gebe ihnen Zufriedenheit und Selbstvertrauen. Wie bei Enrico Müller, der „gerne auf Arbeit“ ist. Der Wald zwischen Hoyerswerda und Burg ist zwischen 110 bis 130 Jahre alt, besteht zu 99 Prozent aus Kiefern. Das Ziel sei weg von der Monokultur hin zu einem Mischwald mit mindestens fünf Baumarten. Zum Schutz vor dem Borkenkäfer und für den Fall, dass wegen des Klimas eine Baumart ausfällt. Vor zwei Jahren war die Waldfläche in der Hoffnung auf Naturverjüngung gepflügt worden. Zwar wuchsen von selbst einzelne Eichen, Birken und Traubenkirschen, doch für einen Mischwald sei das zu wenig.
Bevor die Vergrasung einsetzt, griff man quasi der Natur unter die Arme. Auf einer Fläche von einem Hektar sollten 150 Kilogramm Eicheln in die Erde. Doch nicht jede Eichel keimt auch wirklich, weiß der Revierförster. Im ersten Jahr wachsen die Bäumchen etwa 20 Zentimeter. Ein gewisser Verbiss sei normal, doch drei Viertel sollten es schaffen. Bewusst habe man sich beim Sachsenforst für Eicheln statt Setzlinge entschieden. Beim Herausnehmen aus den Anzuchttöpfen würden die Wurzeln verschnitten. Der Baum merke sich das.

Um gegen Stürme gewappnet zu sein, sollen die Eichen starke Pfahlwurzeln bilden. Auch kämen sie in der Tiefe besser an Wasser ran. In fünf Jahren werden die Bäume mannshoch sein. Ob die Planungen für den Mischwald aufgehen, wird man aber erst in 30 Jahren sehen. Im Wald muss keine Ordnung sein. Der Revierförster zeigt auf riesige Stubben am Wegesrand. Sie dienen Schlangen und anderen Kleintieren als Versteck. Allerdings habe auch schon mal jemand in der Nähe eine Menge Wellasbestplatten in den Wald geworfen.

Der Aufwand zur Entsorgung sei groß und vor allem teuer, heißt es von der Forstbehörde. Es wurde Anzeige erstattet. Dass Müll nicht in den Wald gehört, wissen die betreuten Mitarbeiter der WfbM natürlich. Nicht aber, ob Wildschweine angreifen. Wenn man sie in Ruhe lässt, greifen sie nicht an, versucht der Förster zu beruhigen. Es sei denn, sie haben Junge. So ganz geheuer ist das Jens Wache, Enrico Müller und den Anderen nicht. Man vereinbart aber trotzdem, in einigen Monaten mal nach den Bäumchen zu schauen.