Von Angela Donath
Das Auto ist des Deutschen liebstes Kind? Bis vor wenigen Jahren blieb dieser geflügelte Satz, zumindest hier bei uns „auf dem flachen Lande“, unwidersprochen. Jeder hatte und pflegte sein oder seine Auto(s). Man präsentierte seine motorisierte Liebe auch gern: Je größer, je teurer, je stärker und schneller – desto besser. „Was? Du hast kein Auto? Kannst du dir keins leisten?“ Wer solche Fragen gestellt bekam, brauchte schon gute Argumente, um nicht Gefahr zu laufen, als verarmt oder hinterwäldlerisch zu gelten.
In den Großstädten geriet die Liebe zum eigenen Auto schon seit Jahren ins Wanken. Grund: Es gibt fast rund um die Uhr einen funktionierenden Nahverkehr. In den dicht bebauten Innenstädten findet man kaum Parkplätze – und wenn, dann sind sie fast nicht bezahlbar. Einkäufe müssen nicht unbedingt selbst erledigt werden, man bestellt und lässt liefern. Und: Mit dem Auto steht man so oft im Stau, dass das Fahren schon lange keinen echten Spaß mehr macht.
Acht Standplätze ausgewählt
Bereits vor mehr als 25 Jahren wurde in Berlin das erste Carsharing, das Autoteilen oder das Gemeinschaftsauto, erprobt. Allen Unkenrufen zum Trotz setzte sich die Idee unaufhaltsam durch. Ausgehend von den größeren Städten und den jüngeren Nutzern verbreitet sich das Carsharing. Zu Beginn des Jahres 2025 wurden in Deutschland rund 63.400 Carsharing-Autos registriert. Der Bestand stieg gegenüber dem Vorjahr um 5,3 Prozent. Rund 5,5 Millionen Menschen in über 1.300 Städten und Gemeinden machen von den Carsharing-Angeboten Gebrauch.
In Kürze wird man auch in Hoyerswerda Autos über Carsharing ausleihen können. Dafür sorgte seit Mai dieses Jahres Sandra Trebesius. In der Verkehrsgesellschaft Hoyerswerda (VGH) ist sie als Projektmanagerin für solch ein Vorhaben verantwortlich. Ab Januar des nächsten Jahres wird sie die neue VGH-Chefin sein.

“Sieben Fahrzeuge werden an acht zentralen Standorten zu finden sein, so am Bahnhof, am Marktplatz, am Zoo, am Lausitzbad, am Behördenpark, am Lausitzer Platz und in der Kolpingstraße in der Nähe des AWO- Kinderhauses am Elsterbogen. Sobald die Stadt uns die Genehmigungen erteilt, und das liegt wirklich in den letzten Zügen, stellen wir die Fahrtzeuge hin.“, sagt Sandra Trebesius und man sieht ihr die Freude darüber an.
Bei allen Fahrzeugen handelt es sich um VW-Modelle aus der ID-Reihe. Das heißt, alle haben einen Elektroantrieb und alle sind mit Automatikgetriebe ausgerüstet. Zur Auswahl stehen Kompaktwagen, Familienautos und größere Modelle mit bis zu sieben Sitzen. Eines der Großen verfügt sogar über eine Ladefläche für kleinere Transporte.
Ehe man mit einem der schicken blauen Flitzer loslegen kann, ist es erforderlich, sich eine App, in diesem Falle „Moqo“, herunterzuladen. Hier werden die individuellen Daten der Nutzer erfasst. Darüber hinaus zeigt die App die Fahrzeugstandorte, die Verfügbarkeit, den Ladestand und den entsprechenden Tarif an.

Vor dem Start muss der Kunde noch einen kleinen Weg ohne Carsharing-Fahrzeug bestreiten. Er muss in der Mobilitätszentrale an den Lausitzer Platz vorsprechen. „Wir wollen unsere Kunden schon einmal sehen und schauen, ob Alter, Führerschein und sonstige Angaben in Ordnung gehen“, sagt Sandra Trebesius. „Außerdem können vor Ort gleich eventuelle Fragen zur App beantwortet werden. Es gab schon Testrunden in der Stadt. Da hat alles bestens funktioniert.“
Verzicht auf Zweit- oder Drittwagen?
Finanziert wurde das Projekt über das Bundesprogramm des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) zur Förderung von Mobilitätsstationen in strukturschwacher Regionen. Insgesamt schlägt das Projekt mit 923.332 Euro zu Buche. Von der VGH mussten 194.384 Euro erbracht werden, die Stadt Hoyerswerda leistete einen Eigenanteil von 45.930 Euro.
Mit diesem neuen Mobilitätsangebot für Hoyerswerda wurde nicht gekleckert, es wurde ganz schön geklotzt. Alles geht – oder besser fährt – in die richtige Richtung. Die Fahrzeuge sind umweltfreundlich, die Wege kurz und die Zugangsvoraussetzungen niederschwellig. „Wir hoffen, dass junge Leute das neue Angebot nutzen und dass sich Familien überlegen, ob sie ein Zweit- oder gar Drittfahrzeug benötigen.“, so Sandra Trebesius. Die neuen Tarife der Kfz-Versicherungen bieten sicher einen weiteren Denkanstoß.
Hier sind aber die für ein Hoywoj-Mobil geplanten Tarife:

Hoyerswerda ist eine Stadt voller Dynamik und Wandel. AHOY berichtet darüber und erzählt Geschichten, die bewegen. Und ermöglicht so nicht nur einen Einblick in persönliche Lebens- und Gedankenwelten, sondern öffnet auch die Türen von städtischen und privaten Unternehmen für spannende Blicke hinter die Kulissen.