Hoyerswerda. Was da wohl passiert ist? Hat jemand bei einer Familienfeier aus Versehen ein Geheimnis ausgeplappert? Oder ist mit Absicht auf elektronischem Wege eine vertrauliche Information verschickt worden? Auf jeden Fall hat die Stadtverwaltung jetzt erstmals mit einer Strafe deutlich gemacht, dass auch für sogenannte beratende Bürger in Stadtratsausschüssen gilt, was für Stadträtinnen und Stadträte unter anderem in § 5 der Rats-Geschäftsordnung geregelt ist:
„Die Stadträte sind zur Verschwiegenheit über alle Angelegenheiten verpflichtet, deren Geheimhaltung gesetzlich vorgeschrieben, besonders angeordnet oder ihrer Natur nach erforderlich ist. Sie dürfen die Kenntnis von geheim zu haltenden Angelegenheiten nicht unbefugt verwerten. Diese Verpflichtungen bestehen auch nach Beendigung der ehrenamtlichen Tätigkeit fort. Die Geheimhaltung kann nur aus Gründen des öffentlichen Wohls oder zum Schutz berechtigter Interessen Einzelner angeordnet werden. Die Anordnung ist aufzuheben, sobald sie nicht mehr gerechtfertigt ist.“
Wegen Verstoßes dagegen wurde nun erstmals gegen einen beratenden Bürger oder eine beratende Bürgerin – die Informationen dazu sind selbst recht spärlich – ein Ordnungsgeld verhängt. Oberbürgermeister Torsten Ruban-Zeh (SPD) machte nur den bloßen Fakt bekannt. Aus dem Rathaus wird weitergehend immerhin bestätigt, dass es so etwas bisher noch nie gegeben hat, dass es sich um hundert Euro handelt und der Grund die Weitergabe einer Information aus einer nichtöffentlichen Sitzung ist.
Beratende Bürger dürfen in Stadtratsausschüssen ihre Kenntnisse einbringen oder Vorschläge machen, haben aber kein Stimmrecht. Da sie jedoch auch dabei sind, wenn hinter verschlossenen Türen Themen vorberaten werden, die erst später im Stadtrat öffentlich behandelt werden sollen, gilt auch für sie die Verschwiegenheitspflicht. Wer dagegen verstößt – und erwischt wird – ist mit hundert Euro noch gut dran. Denn in § 19 der Sächsischen Gemeindeordnung steht unter Absatz 2 allgemein für „ehrenamtlich Tätige” dasselbe wie in der besagten Geschäftsordnung; und:
„Der Gemeinderat kann einem ehrenamtlich Tätigen der ohne wichtigen Grund eine ehrenamtliche Tätigkeit ablehnt oder aufgibt, seine Pflichten nach Absatz 1 gröblich verletzt, einer Verpflichtung nach Absatz 2 zuwiderhandelt (…), ein Ordnungsgeld bis zu 500 Euro auferlegen.“
Aber auch hundert Euro sind für beratende Bürger mit ihrem Ehrenamt nicht so leicht „verdient“. Denn die städtische Entschädigungssatzung sagt, dass es für einen einzelnen Einsatz von bis zu drei Stunden – und länger dauert eine Ausschusssitzung kaum mal – jeweils 20 Euro gibt. Wer nun genau wann genau welches Geheimnis ausgeplaudert hat, bleibt wiederum geheim. Bei der Stadtverwaltung fühlt man sich da wohl selbst an eine Verschwiegenheitspflicht gebunden – der Persönlichkeitsrechte halber.
Mirko Kolodziej