Schwarze Pumpe. So ein Teekessel oder auch ein Waschkessel sind von ihren Dimensionen her überschaubare Utensilien. Der Kessel, der am Mittwoch bei einer Feier im Norden des Industrieparks Schwarze Pumpe im Mittelpunkt stand, hat solche Abmaße, dass die Fete im Bereich seiner Oberkante auf 36 Metern Höhe stattfand. Mehrere Etagen von Lichtgitterrosten trennten die Festgäste vom Erdboden. Sie befanden sich tatsächlich in einem Kesselhaus; und zwar in jenem des Ersatzbrennstoffkraftwerkes des Unternehmens Hamburger Rieger.

Es gehört zur in Österreich beheimateten Prinzhorngruppe und betreibt direkt neben dem EBS-Kraftwerk eine Papierfabrik mit inzwischen zwei Papiermaschinen – die ebenso gigantische Ausmaße haben. Zum Verbund gehört am Standort Schwarze Pumpe auch noch das Dunapack-Pappwerk. Seit mehr als zwei Jahrzehnten engagiert sich die Prinzhorngruppe nun im Industriepark – der Start war eine der Papiermaschinen. „Wir haben damals nicht im Traum daran gedacht, dass wir einmal Kraftwerksbetreiber werden würden“, sagt Gerald Prinzhorn, seit gut einem Jahr der Chef des Familienunternehmens.

Aber zur Papierherstellung braucht es Prozessdampf. Und weil die Mengen, die das benachbarte Kohlekraftwerk liefern kann, nicht reichten, entstand das EBS-Kraftwerk. Es nutzt nicht mehr recycelbare Reststoffe zur Verfeuerung, gewinnt darüber neben dem Dampf auch Strom. Da jedoch nach dem Bau der zweiten Papiermaschine der Bedarf stieg und außerdem die aktuellen Prozesse der Braunkohleverstromung bei der Leag ein Enddatum haben, fiel die Entscheidung zur Erweiterung des EBS-Kraftwerks. Vor reichlich einem Jahr begann die Stahlbaumontage. Neben 1.350 Tonnen Stahl wurden seither auch 1.163 Tonnen Kesselmaterial montiert.
Und hier kommt Dorothea Höhne-Diering ins Spiel, Assistentin im Management und seit mehr als 20 Jahren am Standort tätig (Foto ganz oben). Sie war am Mittwoch sozusagen Ehrengast, denn nach alter Tradition hat der Kessel einen Frauennamen erhalten – und zwar ihres langjährigen Wirkens für den Unternehmensverbund wegen den Vornamen von Dorothea Höhne-Diering. Was für den Zimmermann das Richtfest und den Schiffbauer die Schiffstaufe, hieß es am Mittwoch in luftiger Höhe, sei für den Kesselbauer die Druckprobe. Man muss sich das so vorstellen: Der Kessel wird mit Wasser gefüllt, normgerecht mit 105 bar Druck belegt und so auf Herz und Nieren geprüft.

Der Tüv hatte nichts auszusetzen. Der Kessel erfüllt also alle technischen Anforderungen und wird daher auch mit den normalen 40 bar Betriebsdruck keine Schwierigkeiten haben. Die Kesselbauer der Firma Standardkessel Baumgarte aus Mühlheim an der Ruhr haben also ganze Arbeit geleistet. Symbolhaft besiegelt wurde dies mit der Stempelung der Niete des Kesselschildes. Dann wurde mit “Kesselwasser” angestoßen. Fertig ist man mit der Erweiterung, die mit 180 Millionen Euro zu Buche schlägt, allerdings noch nicht. Kraftwerksleiter Thomas Pfeiffer sagt, man sei schätzungsweise bei 65 Prozent.

Die verbauten Rohre brauchen zum Beispiel noch Verkleidung, die elektrische Verkabelung fehlt auch noch, ebenso die Regeltechnik sowie der Anschluss an den Leitstand. Es wird also weitergebaut. Der Planung zufolge soll das Feuer im zweiten Kessel des EBS-Kraftwerkes im Sommer kommenden Jahres erstmals entfacht werden. Und Gerald Prinzhorn sagt mit Verweis auf die über die Jahre immer wieder neuen Investitionen des Familienunternehmens, aus 36 Metern Höhe seien ein paar Freiflächen im Industriepark gut erkennbar: „Da ist also Phantasie für viele Dinge möglich, und diese Phantasie haben wir auch.“
Mirko Kolodziej