Neue Fenster für die Kreuzottern


von Tageblatt-Redaktion

Viele fleiß’ge Hände machen der Arbeit rasch ein Ende - Natur-Einsatz beim Reptiliencamp des Jugend-Öko-Hauses Dresden und des FZZ Bischofswerda
Viele fleiß’ge Hände machen der Arbeit rasch ein Ende - Natur-Einsatz beim Reptiliencamp des Jugend-Öko-Hauses Dresden und des FZZ Bischofswerda

Sonne flutet warm und satt auf den Damm am Dubringer Torfstich. Am Pfades-Rand, im Unterholz, sieht der, der leise genug seines Weges kommt und ganz genau hinschaut – Kreuzottern! Die „gut getarnten“ Tiere verharren regungslos, lassen sich nicht beim behaglichen Wärmebad stören ...
Nein, so sieht es nicht aus. So sah es vor 20 Jahren aus, als der Damm neu, frisch aufgeschüttet und unbewachsen war. So soll es womöglich schon nächstes Jahr wieder aussehen. Aber heute ist es feucht und kühl. Eine kraftlose, wolkenverhangene Sonne spendet Licht, aber keine Wärme – das ist Amphibien-, aber niemals Reptilienwetter.
Zudem ist der Damm zugewachsen. Birken und Unterholz haben beidseits hohe, dichte, grüne Schattenvorhänge auf den Weg gelegt – da dränge auch eine eifrige Hochsommersonne nicht durch. Alles bliebe kühl und feucht. Da bleiben die Kreuzottern weg. Eben so wie Ringelnatter und Eidechsen.Abhilfe wollen Jugendliche aus dem Jugend-Öko-Haus Dresden (JOH) und dem Freizeitzentrum Regenbogen schaffen. Sie halten Reptilien-Camp in Neustadt (Spree). Zu dessen Programm zählen nicht nur Vorträge und Exkursionen, wie gestern ins Mönau-Raudener Teichgebiet und nachmittags ein Besuch im Hoyerwerdaer Zoo mit Extra-Reptilienführung; zu dessen Programm zählt sondern auch die „Habitatverbesserung für die Kreuzottern im Dubringer Moor“.
Herbert Schnabel von der Naturschutzbund Deutschland-Ortsgruppe Wittichenau, der den Kontakt für das Camp und den Einsatz geknüpft hat, übersetzt das Projekt ins Praktische: Auf der Südseite des Dammes werden fünf, sechs „Lichtfenster“ geschaffen: Schneisen, durch die die Sonne ungehindert den Damm erreicht. Schnabel und die Camper sind den Waldbesitzern dankbar, dass die zugestimmt haben. Denn es müssen einige Birken gefällt, Unterholz ausgelichtet und tiefe Äste beseitigt werden. Daraus werden am Wegesrand Heckenwälle gebaut, in denen die Schlangen Schutz finden. Denn sich einfach so zum Sonnen auf den Weg legen – das tut kein Reptil bei Verstand.
JOH-Chef Uwe Prokoph erläutert: „Unser Motto heißt «Natur erleben, verstehen, schützen» – exakt in dieser Reihenfolge. Nur was man kennt, kann man verstehen; nur was man versteht, dafür kann man sich so begeistern, dass man es schützen will.“ Genau diese Dreieinigkeit bekommt mit dem Arbeitseinsatz am Dubringer Torfstich Gestalt. Hier wurde noch bis vor der Wende Torf abgebaut, ehe der Damm aufgeschüttet wurde, der das Wasser von den Oßlinger Bergen zum Teich staut. Früher war der Wasserfluss so reichlich, dass er auf kurzer Strecke drei Mühlen trieb. An eine davon, die 1902 abgerissenePasternackmühle, erinnert gleich in der Nähe noch ein Gedenk-Ort, – siehe Foto rechts oben.
Aber zum Projekt: Muss man ausgerechnet etwas für Giftschlangen tun? Sind Begegnungen mit ihnen nicht gefährlich? Prokoph lacht. Die Ottern meiden den Menschen. Lärm vertreibt sie. Grundlos angreifen würden sie nie. Nur wenn man sie reizt, etwa mit einem Stock belästigt. Aber wenn man aus Versehen auf so ein Reptil tritt oder beim Griff nach einem Pilz der nicht bemerkten Schlange zu nahe kommt und gebissen wird? Zuerst einmal, sagt Prokoph: Der Biss ist nicht tödlich! Trotzdem muss sofort ein Arzt her. Der Gebissene sollte, wenn möglich, an der Bissstelle verbleiben, jede körperliche Anstrengung vermeiden, um die Blutzirkulation nicht zu beschleunigen. Alte „Pfadfinder-Tricks“ wie Ausdrücken, Aussaugen oder Abbinden der Wunde sind eher schädlich.
Ja – wie viele Kreuzottern gibt es denn noch im Dubringer Moor? Das weiß nicht einmal Herbert Schnabel. An den Frühjahrssonnenplätzen konnte man manchmal bis zu zwanzig Exemplare sehen, aber das sei gewiss nicht die gesamte Population. Überdies seien selbst die Sonnenplätze zunehmend schlechter „besucht“. Schuld seien Moor-Erkunder, die ihre Hunde frei laufen lassen, die dann natürlich stöbern gehen und die Schlangen vertreiben.
Doch vielleicht ist ja schon im nächsten Jahr der Damm am Dubringer Torfstich ein stöberhundefreies, dafür wieder von Kreuzottern belegtes Areal.



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